Der BVEA ruft die Sozialpartner
auf, die politischen Ambitionen, die zuletzt von der CSU und CDU in dem Leitantrag
für den kommenden Parteitag vorgelegt wurden, mit aller Kraft abzulehnen und
keine Tendenzwende für das amerikanische Prinzip des "hire and fire" auch in
Deutschland zuzulassen.
Die CSU sucht auf dem
kommenden Parteitag die Zustimmung zu erhalten, radikale Einschnitte am bestehenden
Arbeitsrecht vorzunehmen. Es geht um die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der
Zeit nach der nächsten Bundestagswahl. Dabei sind massive Eingriffe in die Tarifstruktur
und die Lockerung des Kündigungsschutzes vorgesehen. Die "verbandliche Tarifbindung",
also die allgemeine Verbindlichkeit von Tarifverträgen, soll abgeschafft werden.
Was so abstrakt formuliert wird, heißt im Klartext: Die CSU will "Unternehmen
die Möglichkeit einräumen, Arbeitssuchende im ersten Jahr ihrer Beschäftigung
unter Tarif zu beschäftigen", so der Leitantrag. Erst bei Betrieben ab 20 Beschäftigten
soll es einen regulären, aber gegenüber heute durchlöcherten Kündigungsschutz
geben.
Es ist inzwischen harte
Politik geworden, dass sich die Attacken auf die Rechte von Arbeitnehmer/innen
in immer kürzeren Abständen häufen. Nachdem die Arbeitgeber die Mitbestimmung
gegeißelt hatten, ist nun die CSU mit einer neuen Linie an die Front gezogen.
Hatte sich nicht Ministerpräsident Stoiber noch vor kurzem als das soziale Gewissen
der Regierung profiliert und den Anschein erhoben, er wolle die SPD links überholen?
Nun wird mit Priorität das Projekt - "Abbau der Mitbestimmung" - betrieben.
Dabei ist interessant, dass die CSU die entsprechenden Vorschläge der Schwesterpartei
CDU eindeutig toppen will. Die vermeintlichen "Reformer" lauschen auf den Applaus
der Wirtschafts-Lobby.
Der beabsichtigte radikale
Einschnitt in den Kündigungsschutz ist dumm und sachlich falsch. Menschen in
Arbeit empfinden ein solches Projekt als Bedrohung und Verunsicherung, Menschen
ohne Arbeit sehen darin keine Hoffnung und Verheißung. Weniger Kündigungsschutz
bringt keine Arbeitsplätze, aber die demotivierende Wirkung bei den Arbeitnehmer/innen
ist sicher. Die menschliche Seite übersehen heißt, die Betriebsrealität verkennen.
Vertrauensschutz in
die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft scheint es nicht mehr zu geben:
Der soziale Zusammenhalt in Deutschland, der nach 1945 den Wiederaufbau so nachhaltig
mitbegründet hatte, wird leichtfertig aufgegeben.
An den Rechten der Arbeitnehmer
wird herumgeschnippelt, ohne sich Gedanken über ein neues ausgewogenes Konzept
des Miteinander von Betrieben, Managern und Kapital zu machen. Dieser neoliberale
Wildwuchs verstärkt bei den Menschen das Gefühl, dass einseitig zu Gunsten der
einen Seite gedacht wird und dass eine Schieflage bei dem Zumutbaren besteht.
Die Forderungen der CSU bezeugen, dass die Debatte um neue Formen der Mitbestimmung
und des Tarifrechts aus dem Gleichgewicht geraten ist. Vertrauen geht weiter
verloren.
Es ist natürlich seit
Jahren Mode geworden, immer neue Einschnitte zu Lasten der Menschen zu ersinnen
und die einseitigen Belastungen der Arbeitnehmer/innen als "Reformen" zu verkaufen.
Der Mangel an politischer Kompetenz darf diesem Land nicht eine "neue Armut"
bescheren. Nur wer hier das richtige Maß findet, kann Misstrauen in Vertrauen
wandeln. Das aber setzt voraus, dass der Mensch wieder in den Mittelpunkt der
Politik gerückt wird und Politik eine zeitgemäße Form der sozialen Gerechtigkeit
zu verwirklichen anstrebt.
Der BVEA warnt vor einer
einseitigen Sozialpolitik neoliberaler Prägung und ruft die Arbeitsgruppen für
Arbeitnehmerfragen der Parteien auf, den Anfängen zu wehren, bevor ein Trend
unaufhaltsam wichtige Fundamente der Sozialen Marktwirtschaft zerstört.